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Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525/26 - 1594)

Der Namensgeber unseres Chores ging unter dem Namen seines Heimatortes Palestrina, einer Stadt in den Sabiner Bergen nahe Rom, in die Musikgeschichte ein. Dank der Protektion durch Papst Julius III., der vor seiner Wahl Bischof von Palestrina gewesen war, konnte Giovanni Pierluigi "aus Palestrina" mit relativ jungen Jahren bereits Mitglied der "Capella Sistina", des offiziellen Sängerensembles des Vatikans werden. Dem Nachfolger seines Gönners, Papst Marcellus II., widmete Palestrina später seine berühmte Missa Papae Marcelli. Ohne dieses musikalische Angedenken wäre dieser Papst, der nur drei Wochen regierte, der Nachwelt kaum im Gedächtnis geblieben. Unter dem strengen Gegenreformationspapst Paul IV. mußte Palestrina zusammen mit anderen verheirateten Sängern die Capella Sistina im Jahr 1555 verlassen. Nach 16 Jahren in verschiedenen Diensten, unter anderem an S. Maria Maggiore und als Privatmusiker des Kardinals Ippolito II. d'Este, kehrte Palestrina für den Rest seines Lebens als Leiter der Privatkapelle des Papstes, der sog. "Capella Giulia", an den Vatikan zurück.

 

Palestrina war ein äußerst produktiver Komponist, der buchstäblich Hunderte von Kompositionen hinterließ, der weit überwiegende Teil davon geistliche Musik. Durch seine vollkommene Beherrschung des polyphon-imitierenden Stils, die Eingängigkeit seiner Melodik und sein Wirken am Zentrum der geistlichen Macht errang seine Musik beispielhaften Charakter und wurde durch die Jahrhunderte hinweg als ideales Vorbild für die Komposition geistlicher Vokalwerke für die katholische Liturgie angesehen.
Im Jahr 1565 versammelten die Kardinäle Carlo Borromeo und Vitellozzi Vitelli die Sänger der päpstlichen Kapelle - zu denen Palestrina in dieser Zeit nicht gehörte! - und ließen sie Messen verschiedener Komponisten vortragen, um festzustellen, ob auch im polyphonen, d.h. mehrstimmig kontrapunktisch gesetzten Gesang der liturgische Text klar zu verstehen sei, eine Forderung, die beim Konzil von Trient erhoben wurde und eine kontroverse Diskussion über ein mögliches Verbot des mehrstimmigen Gesangs im Gottesdienst unter den Konzilsteilnehmern auslöste. Wahrscheinlich wurde bei dieser Gelegenheit auch Palestrinas Missa Papae Marcelli vorgetragen. Zweifelsfrei gesichert ist es nicht, ebenso wenig die Frage, ob Palestrina die Messe extra für dieses Examen komponiert hat; sie könnte bereits eher entstanden sein. Überlieferte Tatsache ist, daß bereits Papst Marcellus II. in seinem so kurzen Pontifikat seine Sänger, darunter auch Palestrina, zusammengeholt und ihnen eine sorgfältige Textbehandlung ans Herz gelegt hat. Die gern erzählte und von Hans Pfitzner als Opernstoff verwendete Geschichte, daß Palestrina durch die Komposition der Missa Papae Marcelli quasi im Alleingang die mehrstimmige Kirchenmusik vor dem Übereifer einiger wild gewordener Kardinäle gerettet hätte, muß in das Reich der Legende verwiesen werden.
Tatsache bleibt, daß Palestrina als anerkannter und berühmter Komponist die Meinungsfindung der Kardinäle wesentlich beeinflusst haben dürfte, wenn auch nicht ganz so dramatisch, wie es die eben erwähnte Legende darstellt. Ebenso unbezweifelt bleibt die Qualität und die beispielhaft ausgewogene Schönheit seiner Musik, die bis heute nichts von ihrer sakralen Aura verloren hat.
Dr. Sonja Mayer

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